Verabschiedung – Laudatio Joseph Leisibach

DGVF, Hauptversammlung 26. März 2019

 

Lieber Joseph,

Die Regie hat mir «maximal 5 Minuten» zugestanden, um Deine Arbeit und Leistung für den Geschichtsverein in den vergangenen vier Jahrzehnten zu würdigen. Ich könnte mir jetzt die Aufgabe leicht machen und in den nächsten viereinhalb Minuten darüber jammern, dass es ein Ding der Unmöglichkeit sei, in so knapp bemessener Zeit Deinen grossen Einsatz und Deine Verdienste für den Verein angemessen zu würdigen… Aber lassen wir das! Lassen wir lieber die Fakten sprechen!

Wann Du in den Vorstand eingetreten bist, kann aus den gedruckten Jahresberichten in den «Geschichtsblättern» nicht genau eruiert werden. Vermutlich war es an der Hauptversammlung vom 27. November 1981. Du übernahmst sogleich das Amt des Sekretärs (oder «Schreibers», wie Du lieber willst) und übtest es bis 1986 aus. Zugleich tratst Du in die Schriftleitung der «Freiburger Geschichtsblätter» ein, zuerst als Beisitzer, vom Band 65 (1987/88) an als Hauptredaktor. Damit setzt eine blühende, glanzvolle Zeit für unsere Vereinspublikation ein; eine eindrückliche Reihe von 18 Bänden bis und mit Band 82 (2005) ist unter Deiner redaktionellen Hauptverantwortung erschienen. 2005 tratst Du ins zweite Glied zurück, Du hast Dich aber weitere zehn Jahre lang als Mitglied der Redaktionskommission zur Verfügung gestellt, bis Band 93 (2016). Was das an Arbeit bedeutet, 18 Bände unseres historischen Jahrbuchs zu betreuen, mögen die dürren Zahlen erahnen lassen:

FG Band, Jahrgang

Seitenumfang

Anzahl Aufsätze / Miszellen

65 (1987/88)

210

5

66 (1989)

384

1

67 (1990)

156

3

68 (1991)

213

4

69 (1992)

235

3

70 (1993)

233

6

71 (1994)

283

7

72 (1995)

304

8

73 (1996)

243

6

74 (1997)

408

11

75 (1998)

208

11

76 (1999)

270

8

77 (2000)

220

8

78 (2001)

296

8

79 (2002)

171

6

80 (2003)

199

8

81 (2003)

251

7

82 (2005)

214

11

Total:

4498

121

 

Die 18 Bände der «Geschichtsblätter» von 1987/88 bis 2005 umfassen 4498 Seiten, dazu kommt der «Sonderband» von 1999 mit 663 Seiten – übrigens ein bibliographischer Sonderling, nämlich der einzige erschienene Sonderband in der Vereinsgeschichte. Das macht insgesamt nicht weniger als 5161 Druckseiten und 122 verschiedene Beiträge aus. In der letztgenannten Zahl nicht berücksichtigt sind die zahlreichen Rezensionen.

Was das in all den Jahren an Arbeit und Zeitaufwand bedeutet, kann ein Außenstehender nur erahnen: Kontakt mit den Autoren, Betreuung und Redaktion ihrer Manuskripte, die allzu oft mit der deutsche Sprache, deren orthographischen, grammatikalischen und stilistischen Regeln auf Kriegsfuß standen, Zusammenarbeit mit der Setzerei, dann das Durch-lesen und Korrigieren der Druckfahnen, der Verkehr mit der Druckerei und dem Verlag. Nicht selten hast Du die Druckfahnen eines Bandes dreimal gelesen, wie Du mir selbst gestanden hast. Dabei hast Du mit scharfem Blick und außerordentlich großer Akribie nicht nur alle möglichen Fehler entdeckt, sondern auch die Feinheiten der typographischen Regeln beherrscht: z. B. den Unterschied zwischen kurzem, mittellangem und langem Binde- bzw. Gedankenstrich, ob ein Apostroph-Zeichen nach rechts oder nach links geöffnet sein muss usw. Man munkelte sogar, Du könnest einen kursiven Punkt von einem normalen Punkt unterscheiden…
Am Ende der Redaktionsarbeit kam es oft zu einem Wettbewerb innerhalb der Redaktionskommission: Wer findet noch einen Druckfehler, der Dir entgangen ist? Um uns an-zuspornen, hast Du gelegentlich als Finderlohn fünf Franken pro Fehler ausgesetzt. Ich erinnere mich nicht, diesen Preis jemals gewonnen zu haben. Dank Deinem unermüdlichen, grossen Einsatz gehörte das Endprodukt, die «Freiburger Geschichtsblätter», bestimmt zu den qualitätvollsten und bestredigierten historischen Zeitschriften der Schweiz.
Bis hierher habe ich nur vom Formalen gesprochen. Nun müsste ich auch noch auf den Inhalt eingehen, auf Dein profundes historisches Wissen, Deine Sachkompetenz und Deinen kluger Rat, die unserer Zeitschrift, dem Vorstand und dem Geschichtsverein in all den Jahren zugutegekommen sind. Die Fünf-Minuten-Guillotine gebietet indessen, dass ich hier einhalte.

Doch bleibt noch Zeit für kurze Worte des Dankes: Nach fast vierzig Jahren im Vor-stand und fast zwanzig Jahren als Hauptredaktor der «Geschichtsblätter» trittst Du ins Glied zurück. Damit geht eine Ära im Geschichtsverein zu Ende. Dies mag nostalgische oder melancholische Gefühle wecken. Mehr aber noch bietet es die Gelegenheit, Dir zu danken: zu danken im Namen des Vereins und darüber hinaus im Namen der freiburgischen Geschichtsforschung insgesamt. Wir wünschen Dir für die Zukunft von Herzen alles Gute!

Ernst Tremp